Liebe Leserin, lieber Leser, an diesem Wochenende weihen wir in unserer Kirchengemeinde ein Mahnmal ein.…
Besondere Zeiten. Tagebuch, Seite 18
Am heutigen Tag 18 meiner Einträge wird deutlich: Ich werde mein Tagebuch noch ganz schön oft ‚aufschlagen‘, um meine abendlichen Notizen festzuhalten. Heute, am 30. März 2020, hat sich nämlich herausgestellt, dass wir aller Voraussicht nach bis zum Ende der Osterferien – und die enden am 19. April – möglichst in unseren vier Wänden bleiben und so wenig Sozialkontakte wie möglich haben sollen. Ministerpräsident Söder hat das klar vermittelt und wenig Hoffnung auf eine frühere Rückkehr zur Normalität gemacht.
Was soll ich sagen? Es wird, was unser Durchhaltevermögen angeht, ein ‚Langstreckenlauf‘ verlangt. Also sollten wir uns unsere Kräfte gut einteilen. Dabei ist mit völlig klar, dass die Bedingungen, unter denen der einzelne von uns durchhalten muss, total verschieden sind. Ich kann dich, der du das liest, nur bitten: Wenn du es für die Umstände noch gut hast, hab‘ ein Auge auf denjenigen in deiner Nachbarschaft, bei dem es nicht so ist. Ich könnte im Auftrag der Kirchengemeinde sogar ein wenig mit Spendenmitteln helfen, wenn es irgendwo für den Lebensmitteleinkauf knapp wird. Doch ich müsste es wissen. Auch da meine Bitte an euch: Wenn ihr mitbekommt, dass jemand in unseren Dörfern wirtschaftlich Not leidet, vom Staat aber nicht unterstützt wird – lasst es mich wissen. Hungern soll in diesen Wochen niemand.
Wie sieht mein Alltag inzwischen aus? Der neue Rhythmus hat sich eingespielt. Morgens mit dem Frühsport um 8 Uhr die Kirche aufsperren (- die erinnernde Haftnotiz konnte ich von der Haustür inzwischen entfernen 🙂 -) , dann beim Frühstück die Zeitung sorgsam lesen, danach im Büro Emails bearbeiten. Anschließend geht es ans Aufarbeiten von Liegengebliebenem. In diesen Tagen schreibe ich noch die Gemeinde-Chronik von 2018 nach, denn das habe ich tatsächlich beim Jahreswechsel 2018/2019 verschwitzt. Doch was in jenem Zeitraum passiert ist, lässt sich anhand des Pfarramtskalenders gut rekonstruieren. Außerdem verfasse ich den einen oder anderen Artikel für den nächsten Gemeindebrief, forste alte Aktenordner durch und produziere jede Menge Altpapier. Wenn es mir damit reicht, mache ich ein bisschen Lärm auf meinem Saxophon, das in diesen Wochen offen hier im Büro steht. Es ist, wie viele von euch wissen, ein Tenorsaxophon. Wenn ich darauf eine Stunde lang gespielt habe, dann bin ich k.o. und (- zumindest für einige Zeit – ) mit der Welt im Reinen. Ist dann noch Zeit, rücke ich für ein Stündchen dem Unkraut in meinem Gemüsegarten auf den Leib. Den Abschluss meines Tages bildet das Zuschließen der Sommersdorfer Kirchentür und den Eintrag meiner Gedanken in dieses virtuelle Tagebuch.
Viel wird sich an diesem Takt aller Voraussicht nach in den nächsten Wochen nicht ändern. Zwar überlege ich immer wieder, wie wir den Karfreitag und den Ostermorgen in diesem Jahr anders und doch zusammen feiern können – aber es ist wirklich eine Herausforderung, etwas Schönes zu gestalten und dabei trotzdem den Auflagen der Politik nicht zuwider zu handeln. Noch fehlt mir die Eingebung, wie das klappen könnte.
Ich hoffe, ich kann mir gemeinsam mit meinen Kindern hier die Gelassenheit bewahren, die zum Glück bisher das vorherrschende Gefühl ist. Ich wünsche es auch euch allen, die ihr diese Zeilen lest. Wer mir von sich etwas schreiben möchte – ich freue mich über ein Echo. Unter der Mailadresse ‚pfarramt.sommersdorf@elkb.de‘ bin ich täglich erreichbar.
Bleibt bewahrt und gesund.
Eure Elfriede Bezold-Löhr.