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Besondere Zeiten. Tagebuch, Seite 49

Sieben Wochen begleitet mich als abendliches Ritual jetzt schon der Blick zurück auf meinen Tag – wobei ich beim Schreiben oft den einen oder die andere aus unserer Tagebuchrunde quasi an meinem Schreibtisch als ‚gedachtes Gegenüber‘ habe. Das ist schön.

Die beste Sache am heutigen Tag war die, dass ich spürte: Meine Freude an der Gemeindearbeit wächst seit gestern. Zu wissen, dass wir bald wieder ‚live‘ zusammen kommen können, beflügelt mich! Ich spüre eine gewisse Belebung — auch daran, dass das Telefon seit gestern wieder viel häufiger klingelt. Jetzt rufen die vertrösteten Taufeltern an und fragen nach dem nächstmöglichen Gottesdienst-Termin. Ich darf jetzt wieder Taufen annehmen und verschobene nachholen – das ist eine schöne Sache. Natürlich kommt es ein bisschen überraschend, wenn ich der Mama oder dem Papa des Taufkindes dann am Telefon erkläre, dass sie oder er seinem Kind das Taufwasser selbst über das Köpfchen gießen wird und ich die Taufe nur mit meinem Reden begleiten werde. Mein Abstand zu dem kleinen Zwergerl muss ja gewahrt bleiben – aber das macht gar nichts aus. Es gibt viel Verständnis für diese ungewohnten Änderungen und ich glaube, dass auch ein Taufgottesdienst unter den gebotenen  Sicherheitsmaßnahmen ein schönes Erlebnis werden kann. Anders, da bin ich offen, geht es mir tatsächlich in der Situation, wo ich wegen eines Todesfalls angerufen werde. Da ist das Distanzgebot für mich nach wie vor schmerzlich und fühlt sich falsch an. Doch auch in diesen Gesprächen ist bei den Angehörigen, mit denen ich gegenwärtig in Kontakt bin, viel Offenheit zu spüren, sich auf andere Formen einzulassen.
Ein bisschen melancholisch stimmt es mich, wenn Brautpaare ihre für diesen Frühling oder Sommer geplanten Hochzeiten jetzt endgültig verschieben und daher bei mir anrufen und die Trauung absagen. Doch das verstehe ich voll und ganz: Selbst wenn wir einen Gottesdienst gemeinsam mit Maske feiern würden – wie lassen sich bitte Maske und wunderbares Festbankett kombinieren? Gar nicht. Das sieht jeder und jede ein. Also gilt, was mir gute Freunde geschrieben haben, auf deren Hochzeit ich in wenigen Wochen eingeladen gewesen wäre: „Aufgeschoben ist nicht aufgehoben!“
Noch eine schöne Freigabe: Wir dürfen die Aula der Albrecht-von-Eyb-Schule wieder für unsere ‚Lichtblick‘-Gottesdienste nutzen. Auch da müssen wir natürlich im Vorfeld gut überlegen, wie die Gottesdienste so ablaufen können, dass wir uns an alle Auflagen halten und das Ansteckungsrisiko so klein wie irgend möglich halten. Ich hatte schon ganz kühn überlegt, ob wir eine Kombination aus ‚Autokino-Gottesdienst‘ draußen am Schulparkplatz mit einer Übertragung nach innen in die Schulaula kombinieren könnten. Dann hätte eine deutlich größere Menge an Leuten Platz. Mal sehen, was uns da alles noch an schönen Gedanken in den Sinn kommt. Auf jeden Fall ist es schon mal ein gutes Gefühl, dass auch hier die Ampel auf ‚grün‘ springt.
Was habe ich sonst noch so angestellt? Ich war oben auf unserem schönen Reisach-Friedhof, um mir die Gegebenheiten vor Ort wegen einer Urnengrabanfrage anzusehen. Bei dieser Gelegenheit ist mir aufgefallen, wie schön dieser ‚Gottesacker‘ gerade jetzt ist, wo die Linden frisch belaubt sind und die Frühlingsblumen auf den fein geharkten Gräbern leuchten. Draußen am Insektenhotel auf der Wildblumenwiese bauen Bienen ihre Behausungen und die Hecke, die wir vor Jahren als Umfriedung der Wildblumenwiese angelegt haben, wächst und blüht wunderbar.

Es sind diese kleinen Momente, die sich mir wie Oasen auftun: jetzt keine neue Corona-Statistik, keine neuen Zahlen vom Arbeitsmarkt. Kein Statement von Angela Merkel und keine Anwendung auf Bayern von Markus Söder. Einfach für einige Minuten schauen, riechen, hören. Durchatmen. Ich merke, dass ich diese Inseln dringend brauche. Und je länger der Ausnahmezustand dauert, desto wichtiger werden sie mir. Vielleicht können wir uns dazu gegenseitig immer wieder einmal einladen: auf eine kleine Auszeit, einen Moment zum Durchatmen, einen Lichtblick zur Erholung.

Alles Gute dir und Ihnen. Elfriede Bezold-Löhr

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