Liebe Leserin, lieber Leser, an diesem Wochenende weihen wir in unserer Kirchengemeinde ein Mahnmal ein.…
Besondere Zeiten. Tagebuch, Seite 59
Liebe Leserin, lieber Leser meines Corona-Tagebuchs, mit dieser Seite verabschiede ich mich – zumindest aus dem täglichen Schreiben. Acht Wochenenden in Folge waren keine Gottesdienste mehr möglich. Heute haben wir zum ersten Mal wieder miteinander gefeiert. „Es ist doch etwas ganz anderes als digital über den Computer“, meinte eine Dame beim Verlassen der Sommersdorfer Kirche. Auch was die Andachten angeht, die man daheim feiert.“
Ja, es war heute eine andere Form und Intensität von Gemeinschaft spürbar. Trotz Handdesinfektion am Eingang, trotz Maske, trotz Mindestabstand in den Bänken. Sogar eine Taufe lässt sich jetzt wieder schön gemeinsam feiern. Wir haben es heute in Sommersdorf ‚gewagt‘ und waren hinterher froh darum.
Zugleich kommt es mir vor, als wären all die Bewegungsspielräume, die wir nach und nach bekommen, zarte Pflänzchen. Wir müssen uns wohl noch lange in Geduld üben und mit Kompromissen leben. Und im Blick auf die Einschnitte im wirtschaftlichen Leben, müssen wir erst noch gemeinsam bewältigen, was gerade einmal angebahnt worden ist.
In den Kontakten, die ich persönlich oder telefonisch, per Mail oder über Whatsapp habe, höre ich sehr oft eine neue Sensibilität heraus. „Wie wäre es“, so fragt sich mancher, „wenn wir das „schneller, höher, weiter“ nicht wieder aufnehmen würden? Wenn wir freiwillig die eine oder andere Selbstbeschränkung aufrechterhalten würden, an die wir uns jetzt gewöhnt haben und die uns eigentlich gut getan hat?“
Ich sage es ganz offen: Wie wir ein geschärftes Bewusstsein für das, was jetzt dran ist, entwickeln und dann auch bewahren können, weiß ich noch nicht. Mein Vorsatz: mich weiterhin gut informieren, verschiedene Meinungen hören. Das möchte ich mir bewahren. Ich möchte meine Möglichkeiten künftig überlegter wahrnehmen und sie mehr genießen. Ich würde wieder gern freier mit Freunden zusammenkommen, wie ich es mir heute Nachmittag seit über zwei Monaten wieder einmal erlaubt habe. Ich freue mich darauf, eines Tages meine Freunde auch wieder in den Arm nehmen zu können. Ich kann es kaum erwarten, den kleinen Sohn meiner Freundin hochheben und durch die Luft wirbeln zu dürfen.
Niemand weiß, welche Entwicklungen die kommenden Wochen bringen werden. Ihnen mit Zuversicht entgegenzugehen, scheint mir die beste Einstellung. Sie hat ihre Wurzeln in meinem Vertrauen, dass Gott es gut mit uns meint und auch in Zeiten wie diesen an unserer Seite bleibt. Ich fühle mich dazu auch ermutigt und gestärkt durch viele gute Erfahrungen, die ich in den letzten Wochen mit euch, mit Ihnen gemacht habe. Wir können das: miteinander leben statt nebeneinander. Bleiben wir doch in dieser Spur, dann geht vieles.
Ob und wie ich mich aus unserer Gemeinde – und dazu gehört für mich jetzt unser Tagebuch-LeserInnenkreis – um den 20. Juli dieses Jahres herum verabschieden werde, weiß ich aktuell noch nicht. Das ist noch Corona-vernebelt. Doch es wird sich vielleicht die eine oder andere Möglichkeit noch auftun, von der ich jetzt noch nichts ahne. In dieser Hinsicht ist das Medium ‚Internet‘ ein wunderbares. Denn ein letzter Eintrag von mir als ‚leises Servus‘ auf unserer Homepage bleibt immer eine Option.
Für morgen, für die nächsten Tage und die kommende Woche alles Gute für dich und für Sie. Wir können über Gottesdienste in Verbindung bleiben oder über Mails. Gern auch über die schöne, handgeschriebene Postkarte, wie ich sie heute in meinem Briefkasten gefunden habe und noch immer sehr schätze.
Bleiben Sie behütet. Bleib bewahrt.
Deine / Ihre Elfriede Bezold-Löhr